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Fachartikel


Was ist EMDR - Eine Kurzbeschreibung
von Dr. Sylvia Wintersperger
Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) ist eine von Dr. Francine Shapiro 1989 - 1991 entwickelte Behandlungstechnik, die gezielt zu Bearbeitung von traumatischen Erlebnissen entwickelt wurde.
Die Methode basiert auf den Grundannahmen der Psychotraumatologie, dass traumatische Erfahrungen, (= Erfahrungen, die mit toxischem Stress, Extremstress einhergehen) zu spezifischen Störungen in der neuronalen Verarbeitung und der neuronalen Speicherungsprozessen für diese Erlebnisse führen. Das Krankheitsbild der posttraumischen Belastungsstörung ist ein typisches Resultat dieser Verarbeitungsstörung von Extremstress.
Bei der EMDR - Methode wird im Rahmen eines sehr strukturierten Behandlungsplanes (=EMDR-Protokoll) gezielt auf diese Problematik der Verarbeitungs- und Speicherstörung im neuronalen Netzwerk eingegangen.
Mit der Methode des EMDR wird eine kontrollierte Konfrontation mit dem belastenden Ereignis in der inneren Vorstellungswelt herbeigeführt. Ziel ist die Nachverarbeitung, und damit die adäquate innere Einordnung dessen, was geschehen ist. Eine zentrale und EMDR-spezifische Rolle spielt dabei die Phase des „Reprozessierens“. Dabei wird während der inneren Konfrontation mit dem Erlebnis eine bilaterale Stimulation der Gehirnhemisphären angeregt. ( durch rechts/links Augenbewegungen oder aber auch rechts/links Berührungssignale = tapping oder bilaterale akustische Signale) Eine der Wirkhypothesen besagt, dass durch diese Form des Durcharbeitens eine beschleunigte innere Nachverarbeitung des belastenden Materials in Gang kommt.
Bevor EMDR zum Einsatz kommt, braucht es aber genauso wie überhaupt in der traumafokussierten Psychotherapie eine genaue und gezielte Diagnostik und Indikationsstellung sowie eine angemessene Vorbereitung des Patienten. Neben den Faktoren Sicherheit im Außen (soziale Sicherheit) und Sicherheit nach innen (Stabilisierung), sind es Kriterien, die unter Ich-stärke zusammenzufassen sind, die bei der Entscheidung, ob EMDR zum Einsatz kommt, eine wesentliche Rolle spielen.


Die 8 Phasen in der EMDR-Therapie

Phase 1 - Traumafokussierte Anamnese, Diagnostik und Behandlungsplanung
Die gegenwärtigen Symptome und die Traumavorgeschichte werden erhoben,sowie die Fähigkeiten des Patienten dahingehend geprüft, ob die Belastungen einer Konfrontation mit dem Erlebnis mittels EMDR sinnvoll zumutbar und erfolgversprechend erscheinen.

Phase 2 - Vorbereitung und Stabilisierung
Aufklärung des Patienten über Behandlungsplan, Erklärung der Methode ( Psychoedukation), nötigenfalls Stabilisierende Übungen. In dieser Phase kann die EMDR-Methode auch zur Ressourcenaktivierung eingesetzt werden. Dabei wird bilaterale Stimulation in Kombination mit imaginativen Techniken zur inneren „Verankerung“ positiver Bilder benutzt.

Phase 3 - Evaluation einer belastenden Erinnerung
Fokussierung des Erlebnisses, das bearbeitet werden soll. - Einstellung
Die visuellen, kognitiven und sensorischen Komponenten der Erinnerung werden präzise herausgearbeitet, soweit sie aus der Perspektive der Gegenwart spürbar sind, und sie werden skaliert (negative Selbstüberzeugung, Gefühle, Körperempfindungen) Es wird im Zuge dessen auch eine vorstellbare Zukunftsperspektive ( positive Selbstüberzeugung) erarbeitet.

Phase 4 - „Reprozessieren“ Bearbeiten und Durcharbeiten des Erlebnisses mittels bilateraler Stimulation
Der Patient wird gebeten mit dem repräsentativen Bild, der sensorischen Komponente und der negativen Selbstüberzeugung in Kontakt zu gehen . Gleichzeitig wird eine bilaterale Stimulation induziert. Diese Phase ist das „Kernstück der Methode. Sie verläuft sehr individuell und sollte keinesfalls ohne entsprechende Ausbildung durchgeführt werden, da es gerade in dieser Phase zu Retraumatisierungen kommen kann. In der Regel kommt es nach einem Anstieg des Affektpegels zu einer Entlastung und parallel ändert sich auch die negativen Selbsteinschätzungen ins positive.

Phase 5 - Verankerung der ins positive veränderten Variablen
Nachdem die innere emotionale Anspannung und die subjektive Belastung gesunken sind, wird nun die in Phase 3 erarbeitete positive Kognition aufgegriffen und ebenfalls durch bilaterale Stimulation ( langsame Augenbewegungen) verstärkt und damit nachhaltig verinnerlicht.

Phase 6 - Körpertest
Es wird gezielt nach eventuell persistierenden sensorischen Erinnerungsfragmenten
(Körpererinnerungen) gesucht und diese - falls nötig - noch einmal gezielt mittels bilateraler Stimulation prozessiert.

Phase 7 - Abschluss
Die Bearbeitung, die meist für den Patienten sehr dicht und intensiv erlebt wurde, wird nachbesprochen. Verbliebene „Reste“ werden mittels Distanzierungstechniken „verpackt“ und Verhaltensmaßnahmen für auftretende Notfälle besprochen.

Phase 8 - Nachbefragung
Diese Phase findet in der darauf folgenden Stunde statt. Es finden sich häufig Nachwirkungen des Durcharbeitens wie z.B. heftige Träume oder anders auftauchendes assoziatives Material…. Daraus wird meist das als nächstes zu bearbeitende Traumamaterial gewählt.


EMDR ist mit den Behandlungsplänen verschiedener Therapieformen vereinbar, setzt aber die Einbettung in ein grundsätzlich psychotraumatologisch orientiertes Behandlungskonzept und klinische Erfahrung voraus.
Die Methode ist u.a. von der American Psychological Association (APA) und der International Society for Traumatic Stress Studies (ISTSS) als effektiv anerkannt und wird weltweit erfolgreich in der Behandlung von Erkrankungen infolge von traumatischen Erlebnissen eingesetzt.
Die EMDR-Behandlung beinhaltet einen klar strukturierten Ablauf, der sowohl der KlientIn, als auch der TherapeutIn einen sicheren Rahmen bietet. Es wird ermöglicht, sich dem auslösenden Ereignis anzunähern, ohne von den belastenden Gefühlen überflutet zu werden.
Die beidseitigen Sinnesreize wie zB. geleitete Augenbewegungen, Antippen der Hände oder akustische Signale ( = bilaterale Stimulation ) bringen die Verarbeitung und Integration traumatischer Erfahrungen neu in Gang und führen sie zu Ende.
Ursprünglich getestet und entwickelt für die effiziente Bearbeitung traumatischer Erlebnisse hat es inzwischen eine Vielzahl von Anwendungen erfahren - insbesondere in der effizienten Behandlung von Angst- und Selbstwertstörungen, Panikattacken, Phobien und Leistungsblockaden. Neue Anwendungsgebiete für EMDR sind die Behandlung chronischer Schmerzzustände, insbesondere Phantomschmerz.
Die klinischen Erfahrungen dazu sind derzeit Gegenstand intensiver Forschungen.


Dr. Sylvia Wintersperger

EMDR-Institut Austria
Mag. Eva Münker-Kramer und Dr. Sylvia Wintersperger
Penzingerstrase 52/7
A-1140 Wien
www.emdr-institut.at

Österreichische Fachgesellschaft für EMDR: EMDR - Netzwerk Österreich
www.emdr-netzwerk.at

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