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Welche Klient*innen sind bei Ihnen in der Psychotherapie besonders gut aufgehoben? Menschen mit Angstproblemen (Panikattacken etc), Psychoseerfahrung, Depressionen oder Burnout-Erfahrung. |
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Welche Klient*innen sollten eher NICHT zu Ihnen in Psychotherapie kommen? Menschen, die denken, der Therapeut werde ihnen ihr Leiden abnehmen oder die Psychotherapie wird etwas magisch verändern, ohne daß man selbst etwas dazutun muß. |
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Wie kamen Sie zur Psychotherapie? Psychologiestudium, Vorlesungen von Prof.Strotzka u.a., theoretische Beschäftigung mit Entwicklungen der Psychotherapie ist die eine Schiene. Die andere war das Erleben von psychischem Leiden in den ersten Studiienjahren und die Suche nach deren Bewältigung, die mich zu ersten Erfahrungen mit Psychotherapie als Klient geführt hat. |
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Was hat Sie bewogen, gerade Ihren Beruf zu ergreifen? Die Herausforderung ständig weiterzulernen, von und mit den Menschen, mit denen ich arbeite. Die Möglichkeit dabei kreativ sein zu können. Eine therapeutische Sitzung oder eine längerfrisitge Therapie ist kein Programm, sondern offen, unvorhersehbar und oft erstaunlich, was die Entfaltung von Ressourcen, der gesunden Qualitäten betrifft, die trotz eines Leidenszustandes immer auch gleichzeitig vorhanden sind. |
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Welche besonderen Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach in Ihrem Beruf gefordert? Vor allem die Fähigkeit mit jemanden präsent sein zu können, wirklich da, offen und interessiert für alle Details, ohne die Person zu schnell in eine Schublade zu stecken oder zu "wissen" was für sie gut wäre. Das beinhaltet: Forschergeist, Geduld, Mut und eine gewisse Wärme. Mut heißt möglichst wenig Angst vor der Angst zu haben und einer Person solange Zeit und Raum zu geben, bis sie selbst bereit ist jene Schritte zu tun, die sie selbst für gut hält und die für sie stimmen. |
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Weshalb haben Sie sich gerade für Ihre Arbeitsschwerpunkte entschieden?
Darüber entschieden mehrere Faktoren: wo ich als Psychotherapeut zunächst Fuß fassen und ökonomisch überleben konnte und welche Art von Tätigkeit dann das ökonomische Überleben gewährleistete. Und dann natürlich auch eigene Interessen, die z.T. schon am Beginn meiner Arbeit vorhanden waren (z.B. für Psychosomatik oder Angstprobleme) und die sich z.T erst im Laufe der Jahre und mit zunehmender Erfahrung entwickelt haben (wie die Arbeit mit psychotischen Menschen). |
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Was erachten Sie als Ihren bisher größten beruflichen Erfolg?
Pragmatisch gesprochen: daß ich im Laufe der Jahre die Erfahrung machen konnte, daß es einem Großteil der Leute weitergeholfen hat, was wir miteinander gemacht haben. Das ist für mich der größte berufliche Erfolg. Ohne diese Erfahrung hätte ich längst den Beruf gewechselt. Eine andere Art von Erfolgserleben das ich spüre ist die Bestätigung, daß es sich lohnt dem eigenen Gespür für das, was "richtig" ist, was adäquat oder "bedürfnisentsprechend" für Klienten ist, treu zu bleiben. Ich meine damit z,B. die Notwendigkeit in manchen Fällen, wie schweren Lebenskrisen, das "Einzeltherapie-kämmerchen" zu verlassen und hinauszugehen in das Umfeld der Wohn- und der sozialen Situation und dann mit allen Kräften zusammenzuarbeiten, die in dieser speziellen Situation verfügbar sind. Das ist "Windhorse-Arbeit" - oder, wie in letzter Zeit auch formuliert wurde: "Kooperative Psychotherapie". |
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Wodurch glauben Sie, könnten die Menschen vermehrt für Ihre Dienstleistungen interessiert werden? Information, die zu einem Abbau der Vorurteile beiträgt, daß man schon eine Art "Untermensch" sein muß, um einen Psychotherapeuten aufzusuchen. daß man dann etwas an sich habe, wofür man sich in Grund und Boden schämen müßte. |
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Arbeiten Sie auch mit Berufskolleg*innen oder mit Expert*innen aus anderen Berufsgruppen zusammen? Selbstverständlich, mit KollegInnen! Mit Ärzten, Sozialarbeitern, KrankenpflegerInnen, Leuten, die Hausbesuche und Sozialbegleitung praktizieren, manchmal auch mit Juristen. |
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Bieten Sie auch selbst Veranstaltungen an (Seminare, Workshops, Gruppen, Vorträge usw.)? Ja, biete ich an, z.B. den MBSR(Mindfulness Based Stress Reduction)- Kurs 'Die Wogen reiten', der 8 Wochen dauert, aber auch Workshops und Seminare die meist an Wochenenden stattfinden. Vorträge ebenfalls, z.B. im Rahmen der Fortbildung von Personal in Krankenhäusern oder Firmen oder zu bestimmten Anlässen, wie den jährlichen 'World Mental Health Day'. Am meisten Interesse findet eine Therapiegruppe - jedes Jahr beginnt eine - die mit einem Achtsamkeits-Basis- training beginnt. Die systematische Schulung der Wahrnehmung von Empfindungen, Emotionen und Gedankenmustern und das damit einhergehende Vertrautwerden mit dem 'Hier-und-Jetzt' schafft ideale Voraussetzungen für den gruppentherapeutischen Prozess. |
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Welches Ziel wollen Sie in Ihrem Beruf noch erreichen? Mehr Zeit zu finden zu forschen, zu schreiben, zu veröffentlichen. Was von meinen eigenen Berufserfahrungen für andere, z.B. Kollegen, hilfreich sein könnte, weiterzuvermitteln. Gesundheitsfördernde Umgebungen nach Achtsamkeitsprinzipien gestalten. |
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Arbeiten Sie mit Expert*innen aus anderen Berufsgruppen zusammen (Ärzt*innen, Therapeut*innen, Berater*innen, Beratungsstellen)? Siehe Frage 9. |
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Was bedeutet für Sie Glück? In der Gegenwart leben, lieben, kreativ sein, im Kleinen das Große erleben, etwas Sinnvolles zu einem friedlichen Zusammenleben beitragen. |
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Wenn Sie die berühmte "Gute Fee" nach drei Wünschen fragen würde, welche würden Sie äußern? Brillen, mit denen man die Dinge sehen kann wie sie sind und nicht nur so, wie sie erscheinen. Den Mut, das zu ertragen und den Humor, damit zu leben. |
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Welche drei Gegenstände würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Ein Survival-Handbuch. Die Gesamtausgabe der Veröffentlichungen von Chögyam Trungpa. Papier und Schreibgerät. |
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Was ist Ihr Lebensmotto? Lebe jetzt! |
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Welche wichtige Frage haben Sie in diesem Interview vermisst? Würden Sie, wenn Sie noch einmal wählen könnten, wieder Psychotherapeut werden? |
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... und wie würden Sie darauf antworten? Inzwischen kann ich überzeugt mit 'ja' antworten. |